Mit der Eisenbahn zur Hölle

Funiculi, funicula

Dieter Feige, Februar 2024

In einer Vinothek in Funchal sprang mir ein ungewöhnliches Etikett mit einer Dampflok und dem Schriftzug Comboio do Vesúvio ins Auge, also Vesuvbahn. Meine Neugierde war geweckt und ich fand bei Recherchen heraus, dass es sich um eine Hommage an die berühmte Bergbahn handelte, die Ende 1880 ihren Betrieb aufgenommen hatte, um Touristen zum Krater des bekanntesten, immer noch brodelnden, aller Vulkane zu befördern, der in der Mythologie gerne auch als Tor zur Hölle bezeichnet wird. Eigens für die Eröffnung wurde das Werbelied funiculi, funicula komponiert, das um die Welt ging, der Vesuvbahn zur Berühmtheit verhalf und auch heute noch ein Ohrenschmaus ist. Es gehörte z. B. zum Repertoire von Luciano Pavarotti oder wurde auf dem Wiener HBF als Flashmob dem Publikum vorgetragen.

https://www.youtube.com/watch?v=yTSAZAHiOa8&list=RDyTSAZAHiOa8&index=3

https://www.youtube.com/watch?v=HzIDVeQmYOo

Eine solche musikalische Ehre kam als Transportmittel sonst nur dem Suezkanal mit der Oper Aida zuteil.

Die Vesuvbahn zählt zu den Bergbahnen, wie die Zugspitzbahn, die Pilatusbahn https://www.feige-business-advisors.de/pub_de_24.html oder auch die Drachenfelsbahn - die als standortfördernde Maßnahme den Regionen zu gewissem wirtschaftlichem Aufschwung verholfen haben. Da die Bergwelt immer mehr Touristen anlockte, ersparten Bergbahnen den beschwerlichen Aufstieg zu Aussichtspunkten oder gar zum Gipfel. Überdies galten auch die Fahrten in die Höhe oder zurück ins Tal als äußerst beliebte Attraktion. Bergbahnen schufen Arbeitsplätze, ein Umfeld an Hotels, Gaststätten, Shops sowie eine lokale Andenkenmanufaktur.

Funicula heißt Standseilbahn. Diese Konstruktion einer Einschienenbahn als Standseilbahn ging 1880 an den Start, die zwei Waggons konnten aber nur jeweils acht Personen befördern. Bereits acht Jahre später übernahm das Reisebüro Thomas Cook die Bahn, die kurz danach durch Brand zerstört und 1903 durch eine Zahnradbahn ersetzt wurde, die eine größere Passagierzahl befördern konnte. Sie blieb ungeachtet einiger Ausbrüche des Vesuvs durch Wiederaufbau bis zum großen Ausbruch 1944 in Betrieb. Das war nun ihr Ende. Ab 1953 übernahm eine Sesselbahn das Fahrgeschäft, damit Menschen den Blick in das Auge des Vulkans werfen können, dem Pompeji 79 n.Chr. zum Opfer fiel. Es geht also weiter aufwärts, auch mit dem Geschäftsmodell, wie das Lied es frohlockend verkündet. Dante soll, der wie man schreibt, um die Lust nach Schauder und Grauen wusste, in seiner „Göttlichen Komödie“ Vulkane als Sinnbilder der Hölle beschrieben haben. Doch für Schauder gratis reichten die jüngsten Bahnstreiks.

Der Rotwein ist jedoch ein portugiesisches Erzeugnis, das aus dem Weingut Quinta do Vesúvio stammt, das am Fluss Douro unterhalb der Eisenbahnstrecke Linha do Douro von Porto nach Pocinho liegt, die von Comboios De Portugal befahren wird. In der Nähe liegt der 1887 in Betrieb genommene Bahnhof Vesúvio, die drittletzte Station vor Pocinho, eine einsame Haltestation in der Landschaft. Auch stellte sich heraus, dass 1830 der damalige Besitzer des Weinguts, ein gewisser António Bernardo Ferreira I., seine Quinta das Figueiras in Quinta do Vezúvio umbenannte, da seit 1565 diese siebenhügelige Region als Vesúvio beurkundet ist. Ob ihn eine Reise nach Neapel oder der Vesuvausbruch 1822 dazu inspirierte, bleiben bloße Vermutungen der heutigen Besitzer, die indes wegen der Bedeutung der Douro-Bahnstrecke für den Tourismus dem Wein diesen Namen verliehen. Doch ist es schon eine Rarität, Weine nach Bahnstrecken zu benennen.