Who is the best ?
Auf der Jagd nach High Potentials: Was Willy Wonka uns über Recruiting lehrt
Dieter Feige, Dezember 2013
Die Suche nach dem "richtigen" Kandidaten für anspruchsvolle Positionen bleibt eine der Kernfragen und größten Herausforderungen für HR-Abteilungen, Headhunter und Personalberater weltweit. Angesichts globalen Wettbewerbs, demografischen Wandels und der steigenden Erwartungen nachfolgender Generationen von Talenten – ein fortwährender "War for Talents" – wird diese Aufgabe zunehmend komplexer. Doch manchmal lohnt sich ein Blick auf unkonventionelle Methoden, wie sie der fiktive Schokoladenfabrikant Willy Wonka bereits in Roald Dahls "Charlie und die Schokoladenfabrik" (verfilmt 2005 mit Johnny Depp) anwendet.
Willy Wonka: Ein Recruiting-Meister der besonderen Art
Wonka setzt in der ersten Stufe seines Nachbesetzungsverfahrens auf eine Mischung aus Zufall und Schicksal: Fünf "goldene Gutscheine" in seinen berühmten Schokoladentafeln sind das Ticket zu einer exklusiven Führung durch seine sagenumwobene Fabrik. Was als Führung beginnt, entpuppt sich als ausgeklügeltes, wenn auch unkonventionelles, Assessment Center. Während die Mitbewerber an Gier, Regelmissachtung und impulsiven Entscheidungen scheitern, offenbart der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Charlie Bucket die wahren Qualitäten eines High Potentials: Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Integrität und ein großes Herz. Wonkas indirekte Methode, die das Umfeld der Kandidaten bereits im Vorfeld sorgfältig beleuchtete, führt am Ende zum Happy End: Charlie tritt seine Nachfolge an.
Recruiting-Realitäten: Ein Blick über den Tellerrand (Damals und heute)
Während Wonkas Methoden fiktiv sind, spiegeln sie doch eine grundlegende Wahrheit wider: Erfolgreiches Recruiting erfordert oft mehr als nur den Blick auf den Lebenslauf. Die Unterschiede in den Recruiting-Prozessen zwischen den Regionen, die bereits 2013 auffielen, sind bis heute relevant:
- DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz): Oftmals prägt eine ausgeprägte "Sicherheit"-DNA die Pre-Recruiting-Prozesse, die zu ungewöhnlich langen Dauern führen kann.
- Anglo-Amerikanischer Raum: Hier herrscht die Vorstellung, dass jeder Tag, an dem eine Position unbesetzt ist, einen Wertschöpfungsverlust bedeutet. Recruiting-Prozesse sind auf Effizienz und Schnelligkeit ausgelegt. Bewerber erhalten oft noch am selben Tag eine Zu- oder Absage. US-amerikanische Führungskräfte erwarten zudem hohe Autonomie, ein eigenes Budget und Vertrauen vom Vorgesetzten. Es gibt auch spezifische Tabus, wie die Anforderung von Fotos oder Fragen nach Geburtsdatum, Religion oder Familienstand.
- Großbritannien: Hier schätzt man besonders "diamonds in the rough" – Talente, die nicht unbedingt von Elite-Universitäten stammen, sondern ihren Weg oft unter erschwerten Bedingungen gemeistert haben. Der Fokus liegt auf transferable academic capability, high potential und more generic Fähigkeiten. Die genaue Passung der Ausbildung zur Stelle ist zweitrangig; es geht um das Potenzial und eine hohe Einsatzbereitschaft, selbst in fachfremden Bereichen wie Investment Banking für Theologen. Dies ist der zentrale Unterschied zum deutschen Berufsbildungssystem, das stärker auf spezifische Berufsqualifikationen setzt.
"War for Talents" und die Ansprüche der neuen Generationen
Das Zitat von Ed Michael (McKinsey) aus dem Jahr 1998, der den Begriff "War for Talents" prägte: "In order to keep the pipeline full of talented people, almost all of the companies are starting to take nontraditional approaches to recruiting.", ist aktueller denn je. Der Einsatz unkonventioneller Methoden ist angesichts der Ansprüche der jüngeren Generationen von Talenten unerlässlich. Wie Charlie haben sie Träume und brennen für ihre Ziele. Sie suchen nach:
- Herausforderungen und guten Entwicklungsmöglichkeiten
- Eigenverantwortlichem Arbeiten oder gar Selbstständigkeit
- Verlockenden Karriere-Programmen
- Herausragender Unternehmenskultur und attraktivem Standort
- Unkonventionellen Arbeitszeitmodellen und flexiblen Arbeitsweisen
- Verantwortungsvollen Tätigkeiten in Schlüsselpositionen
- Leistungsbezogener Bezahlung
Diese Generationen sind in einer konsenssuchenden Gesellschaft aufgewachsen und tun sich mit harten Personalentscheidungen oft schwer, was auch bei der Besetzung neuer Mitarbeiter eine Rolle spielen kann.
Fazit:
Die Jagd nach High Potentials ist komplexer denn je. Der Erfolg erfordert eine Mischung aus analytischer Präzision, psychologischem Fingerspitzengefühl und der Bereitschaft, über traditionelle Wege hinauszudenken – und manchmal auch das "gewisse Etwas" zu erkennen, das über reine Fachqualifikation hinausgeht. So wie Willy Wonka nicht nur den besten Chocolatier, sondern den besten Menschen für seine Nachfolge suchte, so geht es auch heute darum, Kandidaten mit dem richtigen Potenzial und den passenden Werten zu finden, die langfristig zum Unternehmenserfolg beitragen.
Ihr Dieter Feige
Feige Business Advisors GmbH
