Verdun Moment


Verdun 1916 – Ukraine 2022

Verdun-Moment

 

Dieter Feige, April 2022

 

Vor fast sechzig Jahren war ich mit meinen Eltern in Verdun, um mir die sinnlose Zerstörungsgewalt von Kriegen vor Augen zu führen. Die Schlacht um Verdun, die elf Monate dauerte und in der insgesamt 300.000 Soldaten gefallen waren, rund 400.000 Soldaten verwundet wurden. Ich habe letztes Jahr die Reise in die Vergangenheit meiner Eltern und Großeltern wiederholt, nicht ahnend, dass sich Vergleichbares bald in der Ukraine ereignen würde.

 

Unterdessen sprechen Konfliktforscher von dem Verdun-Moment, der sich an der Formel von Carl von Clausewitz orientiert. Statt eines angesichts des Truppenaufmarsches erwarteten Blitzkriegs entpuppte sich das Kriegsgeschehen rasch als ein Stellungskrieg, Vorstoß auf Kiew und Rückzug, parallel gezielte Zerstörung der Infrastruktur, Rüstungsindustrie und Treibstoffdepots aus der Luft. Nun konzentrieren sich die Kriegshandlungen auf den Donbass und weiter bis zur Krim, das verlautbarte Kriegsziel Moskaus. Mariupol ist bereits eingekesselt. Doch es ist längst schon ein Abnutzungsfeldzug auf beiden Seiten, eine Materialschlacht ohne bedeutende Geländegewinne. So wie in Verdun droht ein Patt, ein „rien ne va plus.“ Ist dieser Punkt erreicht, greift die clausewitzsche Formel: „Sobald der Kraftaufwand so groß wird, dass der Wert des politischen Zwecks ihm nicht mehr das Gleichgewicht halten kann: So muss dieser aufgegeben werden und der Friede die Folge davon sein.“

 

 

 

 

Verdun Moment (1)


Verdun Moment (2)