You are fired
Der K.O. als Kickstart: Warum eine Kündigung Ihre Karriere beflügeln kann
Die unerwartete Trennung vom Job als Chance für einen kraftvollen Neustart – und wie Führungskräfte daraus gestärkt hervorgehen.
Dieter Feige, Oktober 2019
Es ist eine Binsenweisheit: Unser Lebensweg ist gesäumt von Weichenstellungen. Etliche davon haben Kalenderqualität, wie Einschulung oder Volljährigkeit. Viele andere sind planbar, werden nach reiflicher Überlegung gestellt, wenn der Zeitpunkt gekommen ist – Eheschließung, Kinder, Wohnortswechsel zum Beispiel. Diese Vorgänge liegen fest in unserer Hand.
Doch es gibt auch die unzeitgemäßen Schicksalsschläge, die uns plötzlich ereilen. Ereignisse, die Lösungen von uns fordern, so schwer es uns auch fällt, weil das Leben bekanntlich weitergehen soll. Dazu gehören unverhoffte Kündigungen seitens des Arbeitgebers. Diese haben eine Betroffenheitsintensität, die ärger ist als der "Sudden Death" im Eishockey. Dort hat man die Katastrophe ja noch selbst in der Hand. Hier aber stellt ein Stellwerker die Weiche plötzlich auf Abstellgleis. Für die meisten ist es ein Worst Case, ein GAU.
Die unmittelbaren Reaktionen kann man sich leicht ausmalen. Sie fächern sich auf einer breiten Skala: Häufig stellt sich Resignation bis hin zur Lähmung ein. Oft treten Frustration, Pein gegenüber Familienangehörigen und Freunden bis hin zur Selbstzerfleischung auf, die in Larmoyanz münden kann. Glimmende Hoffnung kommt bei manchen auf, das Gespräch zu suchen, um das Schicksal in der Verhandlung abzuwenden. Viele reagieren mit Zorn und wilder Entschlossenheit, das Ereignis vor den Kadi zu bringen. Aber etliche bewahren auch Contenance, um in Ruhe zu überlegen, wie es weitergehen kann.
Nun ja, die normale Karriere nimmt zwangsläufig eine andere Richtung. Auf der Leiter ist die Sprosse gebrochen, die der Standort eines möglichen weiteren Aufstiegs war. Geht es nun abwärts, bis ganz unten, falls man sich nicht schnell fängt? Ein Karriereknick auf jeden Fall, mit der tristen Aussicht, den Zeitverlust bis zum Ende der Erwerbstätigkeit nicht mehr aufholen zu können? Zurückgeworfen im Lebensentwurf. Bitter End?
Havarie oder Ignition and Lift-off? – Was die Praxis zeigt
Medien offenbaren mitunter Wunder, die keine Fakes sind und Erstaunen hervorrufen. So auch eine Meldung jüngst in einem Wirtschaftsblatt: Eine renommierte Beratungsagentur für Manager hat innerhalb von zehn Jahren über 2.600 Manager der C-Klasse (CEO, CFO, COO etc.) zu ihren Karrieren befragt. Davon wurden 360 intensiver interviewt. Das Ergebnis bietet eine echte Überraschung:
Fast jeder Fünfte (18%) dieser Führungskräfte wurde in seiner beruflichen Laufbahn einmal gekündigt. Noch überraschender ist das Resultat, dass davon nur 17% dieses Schicksal in der ersten Berufsdekade ereilte. Das heißt, vier Fünftel wurden erst in Vollprofizeiten vor die Tür gesetzt. Für all die befragten Manager war indes der Rausschmiss im Nachhinein ein Glücksfall. Sie sind nicht abgestürzt, haben schnell wieder Anschluss gefunden, manche haben es sogar aus dem Stand besser getroffen.
Der Harvard Business Review berichtet unter der Headline „When getting fired, is good for your career“ über die Erkenntnisse dieser Befragung. (Nachfolgende Statements von der Redaktion Feige Business Advisors übersetzt!)
- „Wir haben festgestellt, dass eine Entlassung nicht unbedingt katastrophale Auswirkungen auf die Aussichten der Führungskräfte hat. Wir haben auch festgestellt, dass Führungskräfte bestimmte Maßnahmen ergreifen können, um sicherzustellen, dass ein schwerwiegender Rückschlag nicht zum Karrierekiller wird.“
- „Die gute Nachricht: 68% der entlassenen Führungskräfte haben innerhalb von sechs Monaten eine neue Stelle angetreten. Weitere 24% hatten zum Ende eines Jahres einen neuen Arbeitsplatz. Noch besser? 91% der entlassenen leitenden Angestellten bekamen eine ähnliche oder sogar höhere Position.“
- „Wir haben sogar Anzeichen dafür gefunden, dass die Erfahrung, einen Job zu verlieren, bei richtiger Behandlung einen sogar zu einem stärkeren Kandidaten für zukünftige Rollen machen könnte.“
Ein Glücksschmied, der nie den Hammer fallen ließ
Über sein Glück schweigt man sich bekanntlich aus. Darum ist es schon ein Glückstreffer, eine prominente Persönlichkeit zu finden, die ihr Glück teilt. Friedhelm Funkel, eine Legende des deutschen Fußballs mit 320 Bundesliga-Spielen, war seit 2016 Trainer der Fortuna Düsseldorf. Er verhalf ihr zum Aufstieg in die 1. Klasse und schaffte es, die Mannschaft ins zweite Bundesligajahr zu führen. Zuvor war er gleich dreimal in Folge als Trainer gefeuert worden: 2011 vom VfL Bochum, 2012 von Alemannia Aachen, 2014 vom TSV 1860 München. Nach dem Rausschmiss in München hat er nicht das Handtuch geworfen. Zum Glück für Fortuna Düsseldorf, die ja das Glück im Vereinsnamen gepachtet hat und selbst aus der Viertklassigkeit wieder ins Oberhaus des deutschen Fußballs gelangte.
"They never come back?" Das Diktum vom ultimativen Knockout entpuppt sich hier als Fabel. Das Beispiel aus dem Fußballsport ist legitim, denn Top-Mannschaften sind seit Jahrzehnten echte Industriebetriebe, zum Teil sogar an der Börse gehandelt. Dort gelten teilweise noch härtere Spielregeln bei ausbleibendem schnellem Erfolg.
Glücksfall? Nicht ohne eigene Entscheidung
War hier der griechische Gott der Zeit Kairos im Spiel, der plötzlich da ist und dessen Schopf man fassen muss? Ein Quäntchen Glück gehört immer dazu. Doch Glück kann man nicht berechnen, es gibt keinen Glücksalgorithmus.
Nein, der Gefeuerte der Kategorie Besonnenheit statt Kurzschluss und Panik hat sein Schicksal nicht einfach so hingenommen. Er hat sein Aus als einen Lernauftrag verstanden. So wie es das dritte Statement aus dem Harvard Business Report pointiert zum Ausdruck bringt.
Wer gut vernetzt und in einem gewissen Grad finanziell unabhängig ist, dazu bereit, seinen bisherigen Weg infrage zu stellen, dem werden sich neue Wege auftun. Waren früher Brüche in der Karriere verpönt, würdigt man heute, dass sich dieser Personenkreis besser auf veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen einstellen kann. In dem Song von Bobby McFerrin „Don`t Worry Be Happy“ kommt das sehr schön zum Ausdruck.
Nicht nur Fußballtrainern gelingt das Comeback. Das bekunden uns eindrucksvoll die Zahlen der zehnjährigen Befragungspraxis von Führungskräften vieler Branchen. Anlass genug, im Falle einer unerwarteten Kündigung die Schockstarre schnell zu überwinden, den Zorn nicht lange schwelen zu lassen und das Ressentiment kaltzustellen. Es gilt, das Malheur als eine Chance zu begreifen, sich selbstbewusst mit Zuversicht neuen Herausforderungen zu stellen. Ich kann es, also will ich es.
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