No smoke without fire


No smoke without fire

Dieter Feige März 2012

No smoke without fire war nicht nur ein Album von Wishbone Ash mit den Titeln „You see Red“, „Baby the Angels are Here“, „Ships in the sky“, “Anger in Harmony“ und „The way of the World”. Allgemein ist Rauch immer auch der Vorbote von Feuer, der die Alarmglocken schrillen lässt. Bis auf wenige Ausnahmen, beispielsweise wenn das Aufsteigen von weißem Rauch über dem Petersplatz vom Ende des Konklaves in der Sixtinischen Kapelle und damit von einer erfolgreiche Papstwahl kündet, wird Rauch keinesfalls freudig erwartet.

Zum Ende der kalten und dunklen Jahreszeit trifft sich unsere Familie regelmäßig zu einem Lagerfeuer auf dem Land, am Sitz der Familie. Wir tauschen uns aus, wollen wissen, wie es wem geht, hören Fortsetzungen von Entwicklungen im familiären und beruflichen Bereich und wärmen uns nicht nur am Feuer sondern auch an der Gemeinschaft der anderen. Wir blicken in die Zukunft und schmieden Pläne für die bevorstehende Jahreszeit, die Frühlingsphase. Das ist zum liebgewonnenen Ritual geworden, das den Jahreszeitenwechsel besiegelt und die Familienbande stärkt. Am Feuer werden alte und neue Geschichten erzählt, manchmal versuchen sich die Jüngsten mit Stockbrot oder in Alufolie eingewickelten Kartoffeln, die in die Glut gelegt werden. Es ist ein Ort der Entspannung und des Einhaltens, der elementaren Erfahrung und der erfrischenden Unbeschwertheit. Wärme und Licht dringen durch Augen und Glieder und wirken auf die Seele. Das Farbenspiel der Glut nimmt den Blick gefangen und schlägt einen in seinen Bann.

Als Mitglieder einer industrialisierten und hochtechnisierten Gesellschaft ist uns diese Wirkung von Feuer auf den Menschen fast verloren gegangen. Im Alltag werden wir mit offenen Flammen nur dann konfrontiert, wenn etwas aus dem Ruder läuft, kaputt geht oder ein Unfall passiert. Dabei sind die Zähmung des Feuers und die spätere Kunst, es kontrolliert zu entfachen, erste wichtige Schritte der Menschheit und elementare Kulturtechniken: Feuer spendete Schutz vor Raubtieren. Es wärmte im Winter und verlängerte den Tag, wenn das Licht der Sonne zur Neige ging. Gleichzeitig eröffnete es den Menschen den sozialen Raum, aus einer momentan gesicherten Situation auf den vergangenen Tag und den Kampf des Überlebens zurückzublicken und sich auszutauschen. Es bot neue Wege der Zubereitung von Nahrung. Durch Kochen, Backen, Braten, Grillen, Dämpfen wurde Ernährung mehr als Notwendigkeit, nämlich zum Genuss. Die Beobachtung des Feuers, seines strahlenden Glanzes, seiner Hitze,

Glut, Rauch und seines besonderen Lichtes haben unsere Sprache geprägt und uns mit einem Vorrat von Bildern versorgt, in denen wir beispielsweise die Zustände, Empfindungen und Gefühle ausdrücken können, die uns erst zu Menschen machen: Wir sind ein Hitzkopf, rauchen vor Zorn, glühen oder verzehren uns vor Liebe und sind Feuer und Flamme für eine Idee.

Oster- oder Maifeuer sind eine der wenigen verbliebenen Gelegenheiten, als moderner urbaner Mensch das Element Feuer zu erleben und auf sich wirken zu lassen. Das Christentum hat den heidnischen Brauch, mit Feuer die Geister des Winters zu vertreiben, für sich vereinnahmt und zum Bestandteil der Liturgie des Osterfestes gemacht.

Viele der vorchristlichen Religionen verehrten die Sonne als Licht- und Lebensspenderin wie einen Gott und feierten deshalb Frühlingsfeste wie das iranische Nouruz. Diese Feste fanden am 20. oder 21. März statt und waren an das Äquinoktium (die Tag-und-Nacht- Gleiche) angelehnt. Auch heutige Osterbräuche haben ihren Ursprung in germanischen und keltischen Sonnenkulten: Etwa die und das Osterrad. Beim Osterrad handelt sich um mit Stroh oder Reisig ausgestopft Osterfeuere Eichenräder. Die größten dieser Räder wiegen bis zu 300 kg und können zusätzlich eine Last von bis zu 120 kg Stroh tragen. Dermaßen beladen werden sie entzündet und einen Abhang hinunter gestoßen. Wenn sie unterwegs nicht liegen bleiben und gut am Fuße des Hanges ausrollen, deutet das dem Volksglauben nach auf eine gute Ernte hin. Der Brauch des Osterfeuers diente dazu, den Winter zu vertreiben, zu verbrennen. Man glaubte vermutlich, dass der Schein des Feuers eine reinigende Wirkung hätte und die keimende Saat auf den Feldern vor bösen Geistern schütze. So galten Osterfeuer auch als Kult zur Sicherung der Fruchtbarkeit, des Wachstums und der Ernte, wobei die Asche auf die Felder verteilt wurde. Die Fruchtbarkeitssymbole Osterei und Osterhase sind als Osterbräuche im deutschen Sprachraum erst seit dem 17. Jahrhundert historisch belegt. Viel früher, nämlich seit der Spätantike, ist ein Hase als Ostersymbol in christlichen Quellen aus Südosteuropa belegt.

Im Mittelalter wollte die Kirche das Ritual des Osterfeuers noch abschaffen, doch es war zu tief im Leben der Bauern verankert. Also belegte die Kirche das Ritual einfach mit christlicher Symbolik. Das Feuer symbolisierte von nun an Christi Auferstehung, das Licht der Welt. Mancherorts verbrennt man sogar eine Strohpuppe auf dem Scheiterhaufen: Judas, den Apostel, der Jesus verriet.

Das Osterfeuer steht hier symbolhaft für das Lichtwerden durch die Auferstehung Christi. Ob nun bei Protestanten oder Katholiken, auch heute beginnt das Osterfest oft mit einem Feuerritual. Der Pfarrer weiht das Feuer, entzündet die Osterkerze und betritt feierlich die Kirche, die seit Gründonnerstag, dem Beginn der Passion, in Dunkelheit gehüllt ist.

Auch bei weniger religiösen Menschen sind Osterfeuer sehr beliebt. Mancherorts werden sie wie Volksfeste gefeiert und ziehen große Menschenmassen an. Über das Jahr hinweg werden Holzabfälle gehortet und dann zu haushohen Haufen aufgeschichtet, die dann unter Aufsicht der Feuerwehr entzündet werden.

In diesem Sinne möge der Rauch verziehen und uns die Sonnenstrahlen erwärmen. Es wünscht Ihnen ein schönes Osterfest,
Ihr Dieter Feige

 

No smoke without fire (1)